Tradition als Selbstverständnis

    A LUSTIGE LEICH

    Vieles, das allgemein als Tradition und als althergebracht wahrgenommen wird – wie zum Beispiel der farbenfrohe Glöcklerlauf am Dreikönigstag – ist gar nicht so alt und traditionell, wie viele glauben. Dass die Einheimischen selbst größte Freude bei jeglicher gemeinsamen Feierlichkeit haben – mag der Anlass noch so absurd sein – ist hier wohl das Geheimnis des Erfolges. Der nahezu majestätische Bierempfang beispielsweise: Bei diesem Spektakel 3 (!) Wochen VOR dem Altausseer Kirtag wird vor rund 2.000 Schaulustigen nur das Bier für das eigentliche Bierzelt angeliefert.

    Der Fasching wird nicht nur als Veranstaltung, sondern als eine Art „fünfte Jahreszeit“ gefeiert, und viele Traditionen, wie etwa das Narzissenfest, werden auch für den Tourismus organisiert. Doch trotz des äußeren Scheines geht es den Einheimischen vor allem darum, gemeinsam zu feiern und Freude zu haben, selbst wenn der Anlass ungewöhnlich ist.


    Der Ausseer Schriftsteller Alfred Komarek beschreibt das Phänomen „Heilige drei Faschingstage“ dementsprechend:
    „An den völlig unpassenderweise mit dem Attribut ‚heilig‘ bedachten Faschingstagen, Sonntag, Montag und Dienstag, bleibt speziell im Ausseerland und in Ebensee kein Stein auf dem anderen. Schon am Samstag wird bedächtig, doch zielstrebig damit begonnen, so rasch nicht mehr aufzuhören. Bürgerliche Notwendigkeiten, wie der Schlaf vor und nach Mitternacht, sind ab sofort verzichtbar.“



    Witz und Ironie waren und sind ein essenzieller Faktor im Umgang miteinander. Vor allem im Ausseerland hat man die Tradition, „sich’s gegenseitig recht schlecht zu sagen – quasi sich halb lustig gemeinte Dreistigkeiten an den Kopf zu werfen“. Dass im Ausseerland wenig gerauft wird, ist deshalb umso erstaunlicher. Im oberösterreichischen Salzkammergut hingegen ist man aber dem Raufhandel eher zugeneigt.

    Die sprachliche Eloquenz sowie die Affinität zu Musik und Blödelei hat historische Gründe. Die Arbeiter hatten geregelte Arbeitszeiten, eine relativ gute soziale Absicherung und verbrachten die ganze Arbeitswoche gemeinsam, weit entfernt von ihren Familien.

    Die Zeit vertreib man sich musizierend, singend und mit mancherlei Späßen. So sind noch sehr lustige Begebenheiten überliefert. Vor allem im staatsbetrieblich geführten Salzbergbau machten sich die Bergmänner immer wieder den Spaß, sich gegenseitig, aber noch viel lieber ihre Vorgesetzten, zu ärgern.

    Sogar traurige Ereignisse, wie Begräbnisse, bieten die Möglichkeit zur ausgelassenen Feierlichkeit. Die Salinenmusik beispielsweise spielt nach dem Begräbnis ihrer Mitglieder keinen Trauermarsch, sondern einen lustigen Marsch.

    „Das ist eine Hochzeit“, antworteten die Wirtsleute beim Schneiderwirt auf die Anfrage von neugierigen Touristen, warum es hier mit Musik, Tanz und Gesang so lustig zugehe. Dass die Mitglieder der Salinenmusik gerade ihren langjährigen Musikkollegen zu Grabe getragen hatten – der selbst nie ein Kind von Traurigkeit war – trauten sich die Wirtsleute den „Fremden“ nicht zu sagen.


    WEITERFÜHRENDE LINKS:
    https://www.bierzelt-altaussee.at/home/
    https://www.narzissenfest.at/de/
    https://www.youtube.com/watch?v=C4tVS11CFuI
    https://www.youtube.com/watch?v=m777-bnRZfo

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